Autonomes Fahrrad
Autonomes Fahrrad: Was bringt die Zukunft? (Bild: Artistic – stock.adobe.com)

Ratgeber Rad & E-Bike Autonomes Fahrrad: Wann kommt das selbstfahrende E-Bike?

Stellen Sie sich vor, sie steigen morgens auf Ihr Fahrrad, verschränken lässig die Arme und sagen nur: „Ab in die Firma“. Und los geht’s! Weil Sie ein autonomes Fahrrad haben, das alle Wege kennt und mit traumwandlerischer Sicherheit Staus umfährt und im Verkehrsfluss mithält. So etwas wollen Sie gar nicht, weil Ihnen das Fahrradfahren sonst keinen Spaß machen würde? Dann lesen Sie, warum autonomes Fahren ohne aktiven Fahrer derzeit rund um den Globus Forschungsgegenstand ist und was dies für das Gelingen der Verkehrswende bedeuten kann.

Autonomes Fahren ohne Fahrer: Jetzt auch Drahtesel?

Autonome Mobilität ist ein ganz heißes Eisen – wenn es um Autos geht. Und auch bei denen ist allein die Vorstellung vielen nicht geheuer. Aber ein autonomes Fahrrad? Wer will denn sowas? Angefangen hat alles mit einem Aprilscherz der niederländischen Vertretung von Google. 2016 veröffentlichte sie ein Spaßvideo, in dem ein selbstfahrendes Bike vorgestellt wurde. Google selbst ist einer der Innovationstreiber beim Thema autonomes Fahren ohne Fahrer – aber für ein selbstständig durch den Stadtverkehr kurvendes Rad wird der Technologiegigant kein Entwicklungspotenzial bereitstellen. Denn – Hand aufs Herz – wer möchte auf einem Rad Platz nehmen, das alles allein macht? Die Forschungsgruppe Autonome Fahrzeuge der Universität Magdeburg um Prof. Dr. Stephan Schmidt ist anderer Meinung. Für die Tüftler gibt es triftige Gründe, auf die Serienreife eines Fahrrads zuzusteuern, das niemand aktiv antreibt und steuert.

Warum sich ein autonomes Fahrrad lohnen könnte

Die KI-Technologie für ein autonomes Auto ist aufwendig. Ein autonomes Fahrrad hingegen bräuchte deutlich weniger Messtechnik und Software. Beide Verkehrsmittel müssen aber nicht nur die Spur halten, sondern im Straßenverkehr mit anderen Fahrzeugen und Menschen interagieren. Wenn es um die Fahrt an sich ginge, wären beim Rad technologische Ausstattung und Kosten für die Autonomie zu hoch, um nicht einfach wie seit eh und je von uns Menschen geleistet zu werden.

Die Magdeburger Forschungsgruppe zielt aber auf Leistungen einer zweiten Ebene ab. Sie hat eine gelingende Verkehrswende vor allem im urbanen Raum im Sinn. Diese wird unter anderem auch von der Verfügbarkeit von Leihfahrrädern getragen. Hier haben wie in München einige Konzepte versagt. Denn war das Leihrad am Ziel angekommen, konnte selten eine Anschlussverwendung so organisiert werden, dass das Fahrrad im Fluss und damit anderen Nutzenden zugänglich blieb. Ein autonomes Fahrrad könnte auf der eigentlichen Fahrt durchaus mit Menschenkraft betrieben werden, käme aber selbstständig zum per App ausgemachten Bestellort und führe am Ziel weiter zum nächsten Treffpunkt oder zurück ins Lager. Diese systemrelevanten „Dienstfahrten“ ließen sich am besten durch autonomes Fahren ohne Fahrer realisieren.

Autonomes Lastenrad oder doch Leihfahrrad?

Noch ist das Magdeburger Projekt im Versuchsstadium. Was das autonome Fahrrad so kompliziert macht, ist dessen fragile Zweirädrigkeit. Autonomes Fahren ohne Fahrer lässt ein Bike ohne gewaltige Unterstützung einfach umkippen – ein gravierendes Manko für die Sicherheit. Die Techniker von der Elbe suchen daher nicht nach einer Lösung, die beim Fahren den Balanceakt vollzieht, sondern planen von vornherein mit dreirädrigen Vehikeln. So fällt das Stabilisierungsproblem außer Betracht. Ein Dreirad könnte neben dem Leihfahrrad für die Einkaufstour auch ein autonomes Lastenrad sein, das von diversen Zustelldiensten statt der viel diskutierten Drohne genutzt würde. Nach den Planungen der Magdeburger schafft diese Variante als selbstfahrendes E-Bike immerhin 20 Kilometer Transportservice, bevor es mit letzter Akkukraft zum Stützpunkt zurückrollt. Denn eines ist klar: Ein autonomes Fahrrad fährt auf die eine oder andere Weise elektrisch; der Muskelantrieb muss schließlich ersetzt werden. Das alles steckt noch in den Kinderschuhen. Die Zukunft wird zeigen, ob das selbstständige Bike tatsächlich eine Option im modernen Straßenverkehr sein wird.

Wer noch alles ein selbstfahrendes E-Bike baut

Auch anderswo auf der Welt werden Bikes für autonomes Fahren ohne Fahrer fit gemacht. So hat man am Massachusetts Institute of Technology (MIT) ebenfalls ein Dreirad aus herkömmlichen Teilen zusammengebaut, das 40 Kilometer mit bis zu 32 km/h bewältigen kann. Wie in Magdeburg nennt auch der Personenbeförderungsdienstleister Uber die Ergebnisse dieser Forschungssparte Mikromobile und arbeitet an eigenen Entwicklungen. Bislang werden diese Projekte in einem internen Rahmen getestet. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis tatsächlich ein mit Sensoren bestücktes autonomes Fahrrad durch Magdeburg oder Massachusetts flitzt und staunend am Straßenrand stehende Leute hinter sich lässt.

AI und ein Gyroskop: Das autonome Zweirad von Huawei

Kürzlich hat Peng Zhihui, ein findiger Ingenieur von Huawei, all seine Fähigkeiten in die Entwicklung eines autonomen Fahrrads gesteckt, das klassisch auf zwei Rädern daherkommt. Dieses selbstfahrende Fahrrad strotzt nur so vor Künstlicher Intelligenz bzw. AI (Artifizielle Intelligenz) und verfügt über einen Lasersensor, einen Hochleistungsrechner und ein Gyroskop. Damit bleibt das Fahrrad in der Balance, wie ein Film auf YouTube zeigt . Doch auch hier wieder die Frage: Wer braucht ein Bike, in dem man lediglich im Sattel zu sitzen braucht? Ganz davon abgesehen: Freihändiges Fahrradfahren ist in Deutschland nicht erlaubt.